Rede der Fraktionsvorsitzenden J. von Trotha zum Haushalt 2025/2026

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Gäste,
wir sprechen heute über einen Haushalt, der erhebliche Lücken und Risiken birgt. Wieder einmal haben wir in der AG Haushaltskonsolidierung versucht, den Haushalt auf einigermaßen feste Beine zu stellen, doch das vorgelegte Zahlenwerk weist erneut große Schwächen auf.
Der Haushalt belastet unsere Bürgerinnen und Bürger in einem – für mich – nicht mehr vermittelbaren Ausmaß und spiegelt für mich eine Ratlosigkeit des Bürgermeisters wider.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, Sie sind die verantwortliche Spitze der Verwaltung, haben diesen Haushalt im Rathaus finalisiert und eingebracht. Ihr Plan sieht vor, die Grundsteuer ab dem kommenden Jahr auf 990 und ab dem Jahr 2027 auf 1538 Punkte zu erhöhen.
Ich bitte um Nachsicht, wenn ich Sie kritisieren muss:
Es ist offensichtlich, dass wir uns in einer äußerst schwierigen Ausgangslage befinden, und die Zukunft gibt nur wenig Anlass zur Hoffnung. Aber als einziges Mittel, die Grundsteuer zu erhöhen, ist zu einfach.
Ihre vorgetragenen Sparvorschläge:
- Die eben erwähnten Erhöhungen der Grundsteuer
- Die pauschale Kürzung von Sach- und Dienstleistungen
Und „last but not least“ die Reduzierung von 300.000 € bei den Personalkosten als Einsparung darzustellen, ist wirklich – es tut mir leid – lächerlich.
Das ist keine Einsparung, man geht hier von möglichen Krankheitsfällen des Personals und Nichtbesetzungen aus. In diesem Zuge möchte ich auch noch einmal darauf hinweisen, dass Ansätze aus vergangenen Jahren lediglich für das jeweilige Folgejahr korrekt waren, die Ansätze für die nächsten 2-3 Jahre waren meist deutlich geringer als die tatsächlichen Ergebnisse.
Erkennbar ist somit ein weiteres Millionendefizit, vor dem Sie die Augen verschließen.
Die Menschen erleben steigende Kosten in allen Bereichen ihres Lebens – von Energie über Lebensmittel bis hin zum Wohnen. Eine Grundsteuererhöhung in diesem Ausmaß wird weiter zu starker Verärgerung und wachsendem Unmut führen.
Ich frage Sie ehrlich:
Sind Sie mal selbst Position für Position durch den Haushalt gegangen und haben diese hinterfragt? Die meisten Fraktionen hier im Haus haben es offensichtlich getan und entsprechende Sparvorschläge eingebracht!
Pauschale Kürzungen sind für mich zu bequem, sie sind nicht umsetzbar und am Ende nicht zielführend, um strukturelle Probleme zu lösen.
Herr Bürgermeister, wir können es nicht allen recht machen.
Meinen Sie, mir macht es Spaß, beispielsweise darüber nachzudenken, das Kino womöglich zu schließen oder einen Sperrvermerk auf einen geplanten Neubau eines Kindergartens zu setzen?
Mit Sicherheit nicht!
Ich habe es in den letzten Sitzungen des HFA mehrfach gesagt: Wir müssen in Anbetracht der finanziellen Lage unserer Stadt, unseres Landes, andere Wege gehen.
Wir müssen Mut haben und sollten dringend für Visionen offen sein. Auch Sie sollten Visionen für unsere Stadt entwickeln oder sich trauen, echte Einsparungen vorzunehmen.
Sie rudern zurück, wollen beispielsweise den Spielplatz in Ginsheim Nord wieder reaktivieren. Der damalige Beschluss, der uns allen nicht leichtgefallen ist, nämlich Spielplätze zusammenzulegen, jetzt fallen zu lassen, um einer kleinen Gruppe von Bürgern einen Gefallen zu tun, verärgert mich.
Zu diesem Thema, Stichworte Flächen Ginsheim Nord, und es gäbe noch etliche weitere Beispiele, möchte ich auch noch einmal darauf hinweisen, dass es nicht sein kann, dass Anträge, die hier von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen wurden, gar nicht oder erst Jahre später nach mehrmaligem Nachfragen umgesetzt werden.
Apropos Beschluss: Ist die Feststellungsklage zur OE-Straße eigentlich eingereicht worden?
Man mag zur Straße stehen, wie man will, aber unsere Stadt hat einen Vertrag mit dem Land. Dieses Pfund will man einfach wegwerfen?
Wir haben hier klar den Vorteil, um in Verhandlungen zu gehen und die beste Lösung für unsere Stadt herauszuholen!!
Es fällt mir auch nicht leicht, in Anbetracht der katastrophalen finanziellen Lage eine rosige Perspektive zu finden. Doch genau das ist unsere Aufgabe:
Verantwortung übernehmen und mutige Entscheidungen treffen – gerade in schwierigen Zeiten.
Ja, die Gestaltungsspielräume sind begrenzt. Doch Visionen erfordern keinen finanziellen Überschuss – sie erfordern Mut und Weitblick. All dies vermisse ich nun seit einiger Zeit unserer Satdt.
Zu unseren Anträgen:
Die Konsolidierung bleibt die drängendste Aufgabe für uns alle in der StVV! Ich möchte betonen, dass dies ein gemeinschaftlicher Prozess ist, an dem sich alle beteiligen müssen – auch die KWG.
Es ist daher absolut gerechtfertigt, dass auch die KWG weiterhin ihren Beitrag zur Haushaltsstabilisierung leistet. Herr Kühn ist Kaufmann, es ist ihm daher gestattet, gegen unseren Antrag zu debattieren.
Aber letztendlich treffen wir die Entscheidung!
Die KWG ist ein wichtiger Akteur in unserer Stadt und ich bin überzeugt, dass sie durch Anpassungen in ihren internen Prozessen dazu beitragen kann, unsere städtischen Finanzen zu entlasten, ohne ihre soziale Verantwortung zu gefährden.
Unser Antrag zum Kita-Neubau:
Wir Freien Demokraten sehen es als eine der dringendsten Aufgaben dieser Zeit an, Kitaplätze für unsere Jüngsten zu schaffen! Dennoch fordern wir, vor der Freigabe der Mittel für den Bau einer neuen Kita zu prüfen, ob es Alternativen für andere Träger gibt.
Lassen Sie uns offen sein – ja, das sind die neuen Wege, die wir gehen können. Wir müssen uns nur trauen, sie zu gehen. Lassen Sie uns wenigstens offen dafür sein und Beratungen in Anspruch nehmen.
Die eingebrachten Anträge der anderen Fraktionen zeigen, dass alle Fraktionen Verantwortung übernehmen.
Manche sind etwas naiv, so sprechen wir zum Beispiel bei den Anträgen zur Preiserhöhung der Preise im Kino von ca. 0,006 % unseres HH-Volumens.
Andere sind dagegen sehr konkret.
Der Antrag zur Zukunft des kommunalen Kinos.
Dieses kulturelle Schmuckstück darf nicht verloren gehen. Dennoch braucht es dringend auch hier neue Ansätze – sei es durch Kooperationen oder durch eine Anpassung der Trägerschaft.
Einfach ein Weiter-so geht nicht!
Und ich möchte hier betonen:
Diese Gedankenspiele zum Kino fallen nicht leicht, wenn man an das Personal denkt, das dieses Projekt mit Herzblut betreibt.
Verantwortung zu übernehmen war noch nie einfach.
Es sei mir gestattet, heute auch einen Blick in Richtung Wiesbaden zu werfen. Ich möchte kurz auf die Verantwortung unserer Landesregierung eingehen.
Uns Kommunalpolitikern wird oft vorgeworfen, wir hätten unsere Finanzen nicht im Griff. Doch die finanziellen Rahmenbedingungen für die Kommunen werden hauptsächlich auf Landesebene geschaffen. Es ist nicht hinnehmbar, dass wir als Kommune die Last von sozialen Leistungen, Flüchtlingsunterbringung, Tarifsteigerungen etc. tragen sollen, während die Landesregierung ineffiziente Verwaltungsstrukturen weiter ausbaut.
Hier sei der Hessenfonds oder das fragwürdige Hessengeld genannt. Die Schaffung neuer Ministerien, die Ernennung weiterer Staatssekretäre und die damit verbundene Vergrößerung der hessischen Verwaltung um 130 neue Stellen tragen nicht zur Konsolidierung bei.
Besonders kritisch sehe ich die geplanten Änderungen der HGO durch CDU und SPD. Die Abschaffung der 2/3-Mehrheit und Änderung des Auszählungsverfahrens gefährden die Vielfalt in den kommunalen Parlamenten. Von der hiesigen SPD wurde ja beim letzten Versuch, dieses Parlament zu verkleinern, schon angekündigt, dass dieses Vorhaben, mit dem möglichen Wegfall der 2/3-Mehrheit, wieder verfolgt wird. Wenn kleine Parteien aus den Parlamenten verschwinden, verliert unsere Demokratie ihre Vielfalt. Wer wird dann die Arbeit leisten, die wir hier fraktionsübergreifend leisten – sei es in der AG Haushalt oder in den anderen Gremien? Unsere Arbeit lebt von der Vielfalt und der konstruktiven Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg. Diese geplante Änderung bedroht die Grundpfeiler unserer kommunalen Demokratie.
Abschließend möchte ich auf unseren Vorschlag eingehen, den Haushalt nicht als Doppelhaushalt zu gestalten. In finanziell so unsicheren Zeiten ist eine solche Umstellung fahrlässig. Wir stehen vor unberechenbaren Entwicklungen – sei es durch geopolitische Krisen, wirtschaftliche Unsicherheiten oder die zusätzlichen finanziellen Belastungen durch den Kreis. Eine Planungssicherheit über zwei Jahre hinweg ist unter diesen Umständen nicht gegeben.
Deshalb lehnen wir den vorgelegten Haushalt ab und fordern, die Umstellung auf einen Doppelhaushalt nicht weiter zu verfolgen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Arbeit hier ist ein Knochenjob. Ich danke Ihnen allen sowie den Fachbereichsleitern der Verwaltung herzlich für die konstruktive Zusammenarbeit auch in diesem Jahr. Lassen Sie uns weiterhin gemeinsam für unsere Stadt tätig sein, Mut beweisen und nicht die Augen vor den notwendigen Visionen verschließen.
Vielen Dank!